"Die letzte Chance, den 'Besenstern' in Augenschein zu nehmen"

by Helmut Hornung

Source: Süddeutsche Zeitung, 74 (1 April 1997): 12
Reprinted with permission of the Süddeutsche Zeitung


thumbnail of Hale-Bopp article scan Click on the thumbnail image to view a scan of the original text.



Die letzte Chance,

den "Besenstern" in Augenschein zu nehmen

-Hale-Bopp erscheint gegen 21 Uhr

als gelbweißer, leicht nebliger Stern

hoch über dem nordwestlichen Horizont

     Alle Sterngucker warten gespannt auf die Abschiedsgala von Hale-Bopp. Am 1. April erreicht der Komet mit knapp 137 Millionen Kilometern seine geringste Entfernung zur Sonne.  Das Tagesgestirn dabei wird dem gefrorenen Brocken gehörig einheizen;  der Kern sollte mächtige Gas- und Staubfontänen in den Weltraum speien und die beiden Schweife noch einmal weiter wachsen lassen, wobei die Fachleute glauben, daß diese Aktivitäten die Helligkeit weiter ansteigen lassen.
     Schon jetzt ist Hale-Bopp kaum zu übersehen.  Wenn viele Laien bisher vergeblich nach dem Schweifstern Ausschau gehalten haben, dann liegt das nicht nur am Wetter:  Man muß eben auch zur richtigen Zeit am richtigen Ort suchen.  Bei klarem Himmel und freiem Blick werden Neugierige bereits in der Abenddämmerung fündig.  Gegen 21 Uhr erscheint Hale-Bopp dem bloßen Auge als heller gelbweißer, etwas nebliger Stern hoch über dem nordwestlichen Horizont.  Bei zunehmender Dunkelheit, gut eine halbe Stunde später, zeichnen sich immer deutlicher die Konturen der Schweife ab, die nach rechts oben zeigen.

Hale-Bopp ist jetzt am hellsten
     Im Laufe der Nacht sinkt der leuchtende "Besenstern" aufgrund der Erddrehung tiefer.  Nach Mitternacht hat es wenig Sinn, auf Kometenpirsch zu gehen.  Und auch am Morgenhimmel bringt die Suche nicht mehr viel.  Zu Monatsbeginn steht Hale-Bopp in der Konstellation Andromeda;  von dort wandert er südlich an Perseus und Furhmann vorbei in den Stier.  Am 15. April geht Hale-Bopp gegen 1.37 Uhr unter;  am 30. April verschwindet er wenige Minuten vor Mitternacht von der Bildfläche.  Bereits um die Monatsmitte beginnt das Licht des Mondes zu stören -- die Show des Stargasts am irdischen Firmament geht zu Ende.  Spezialisten mögen ihn noch bis Ende Mai aufstöbern.
     Zur Beobachtung am besten geeignet ist ein lichtstarker Feldstecher (zum Beispiel 7 x 50).  Hier kommen der blaue, schmale Gasschweif und die gelbliche, flächenförmige Staubfahne besonders schön zur Geltung.  Ein Teleskop zeigt wegen seines kleinen Gesichtsfelds nur einen winzigen Ausschnitt des Kometen;  es eignet sich aber gut dazu, die Strukturen um den Kern ins Visier zu nehmen.  Sternfreunde, die Hale-Bopp mit einem Normalobjektiv (50 Millimeter Brennweite, Blende 1,8) photographieren möchten, sollten die Kamera mit einem 400 ASA Farb(dia)film bestücken, auf ein Stativ schrauben und bei voller Blende mehrere Bilder mit Belichtungszeiten zwischen 10 und 30 Sekunden schießen.  Wer seine Kamera auf ein Fernrohr mit automatischer Nachführung montiert, kann durch ein Teleobjektiv (135 bis 300 Millimeter) einige Minuten belichten, bevor sich die Eigenbewegung des Kometen bemerkbar macht.

Mars dominiert das Geschehen
     Der Große Wagen bezieht im April seine höchste Stellung am Firmament.  Die Verlängerung der Deichsel zeigt auf Arktur im Bootes.  Hoch im Süden finden wir den Löwen mit dem hellen Regulus;  südöstlich davon leuchtet Spika in der Jungfrau.  Im Westen versammeln sich die Wintersternbilder Zwillinge, Kleiner Hund, Stier, und Orion.  In geringer Höhe über dem südwestlichen Horizont funkelt Sirius im Großen Hund.  Hoch im Nordwesten blinken die Sterne des Fuhrmanns.
     Merkur taucht bis 12. April knapp über dem Westhorizont auf;  man sollte das Lichtpünktchen etwa 45 Minuten nach Sonnenuntergang suchen.  Venus, Saturn und Neptun bleiben unsichtbar, Mars dagegen dominiert das Geschehen am Abendhimmel, wo er im östlichen Teil des Löwen steht.  Jupiter ist "Morgenstern," und Uranus werden nur Erfahrene tief über dem südöstlichen Horizont vor Sonnenaufgang erspähen.  Am 7.  April ist Neumond, am 14. April steht der Trabant im Ersten Viertel.  Der weitere Fahrplan:  Vollmond am 22., Letztes Viertel am 30. April.

-Helmut Hornung